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Rede an die Nation

Damit ist natürlich die Russische Nation gemeint, und nicht die Schweizerische. Hier wird dem Volk (Pleps) ja nichts wichtiges mehr mitgeteilt (siehe Corona-Notstand oder den Verzicht auf die Neutralität), oder dann höchstens noch in einer Pressemitteilung.

Am 21. September 2022 hat Putin die Teilmobilmachung angekündigt. Das bedeutet eine weitere Eskalation des Ukraine-Konflikts.

Putin erklärt seine Entscheidung folgendermassen:

“Es geht um die notwendigen, dringenden Schritte zum Schutz der Souveränität, der Sicherheit und der territorialen Integrität Russlands, um die Unterstützung des Wunsches und des Willens unserer Landsleute, ihre Zukunft selbst zu bestimmen, und um die aggressive Politik eines Teils der westlichen Eliten, die mit allen Mitteln versuchen, ihre Vorherrschaft aufrechtzuerhalten, und zu diesem Zweck versuchen, jegliche souveränen, unabhängigen Entwicklungszentren zu blockieren und zu unterdrücken, um anderen Ländern und Völkern weiterhin ihren Willen und ihre Pseudo-Werte aufzuzwingen.

Das Ziel dieses Westens ist es, unser Land zu schwächen, zu zerschlagen und letztlich zu zerstören. Sie sagen bereits offen, dass es ihnen 1991 gelungen ist, die Sowjetunion zu zerschlagen, und dass es nun an der Zeit ist, dass Russland selbst in eine Vielzahl von tödlich verfeindeten Regionen und Gebieten zerfällt.”

Die West-Medien reagierten ziemlich hektisch. Wieder einmal war zu lesen dass Putin mit Kernraketen droht und dass er den Konflikt auf die Spitze treibt. Obwohl man in der Spiegel-Redaktion wohl am liebsten alles verschweigen würde, was in Russland wirklich passiert, fühlte sich der Spiegel doch verpflichtet die Rede zu besprechen. Der Titel des besagten Artikels lautet:

Teilmobilmachung in Russland

Putins Rede im Wortlaut

Die Bezeichnung “Putins Rede im Wortlaut” ist leicht übertrieben, von den 1543 Worten des Russischen Originals sind nur 712 wiedergegeben. Jetzt ist interessant was der Spiegel so alles weglässt, und das ist das Meiste was nicht ins gängige Narrativ passt.

Dieses Narrativ lautet zu diesem Zeitpunkt, dass Putin völlig in Panik geraten sei nach den enormen ukrainischen Erfolgen der Gegenoffensiven in Cherson und Charkov. (Diese Erfolge hatten übrigens als Resultat, dass der Ukraine bei dem Nato-Treffen in Rammstein am 8. September wieder ein paar weitere Milliarden zugesprochen wurden.) Laut Narrativ wurde Putin in eine Ecke gedrängt, wüsste jetzt nicht mehr weiter und hätte darum die Teilmobilmachung angeordnet (fast noch hätte ich vergessen, dass ein Sieg der Ukraine natürlich unmittelbar bevorsteht). Aber eine Mobilmachung sei äusserst unbeliebt, russische Männer würden en masse das Land verlassen, die russische Wirtschaft würde völlig einstürzen und die unüberlegte Handlungen Putins würde schliesslich zu seinem Sturz führen. Meine Einschätzung - alles Wishful Thinking.

Russischer Humor - Eine Kolonne von Männern, die gerade versuchen, Russland in aller Eile zu verlassen

Aus russischer Sicht sieht das alles ganz anders aus. Seit dem Mauerfall in 1989 soll die NATO bewusst darauf hinarbeiten Russland zu schwächen. Russland empfindet das als Bedrohung.

Zitat aus der Rede (fettgedruckt - ein Satz der es in den Spiegel geschafft hat, dieser eine Satz lässt doch wirklich nur den Schluss zu, dass die Russen völlig grundlos an Paranoia leiden):

“Und sie hecken diese Pläne schon seit langem aus. Sie haben Banden von internationalen Terroristen im Kaukasus aufgehetzt und die offensive Infrastruktur der NATO in die Nähe unserer Grenzen gebracht. Sie haben die totale Russophobie zu ihrer Waffe gemacht und jahrzehntelang gezielt den Hass auf Russland geschürt, vor allem in der Ukraine, der sie das Schicksal eines anti-russischen Brückenkopfes bereitet haben, und sie haben das ukrainische Volk zu Kanonenfutter gemacht und es in einen Krieg mit unserem Land getrieben. Sie haben diesen Krieg bereits 2014 entfesselt, indem sie die Armee gegen Zivilisten eingesetzt, einen Völkermord, eine Blockade und Terror gegen die Menschen organisiert haben, die sich weigerten, die Regierung anzuerkennen, die durch den Staatsstreich in der Ukraine entstanden war.

Und nachdem das heutige Kiewer Regime eine friedliche Lösung des Donbass-Problems de facto öffentlich ablehnt und darüber hinaus seinen Anspruch auf Atomwaffen angekündigt hat, wurde absolut klar, dass ein neuer, weiterer groß angelegter Angriff auf den Donbass, wie er bereits zweimal zuvor stattgefunden hatte, unvermeidlich war. Und dann würde, ebenso unvermeidlich, ein Angriff auf die russische Krim – auf Russland – folgen.

Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung, eine präventive Militäroperation durchzuführen, absolut notwendig und die einzig mögliche. Ihre Hauptziele – die Befreiung des gesamten Donbass – waren und bleiben unverändert.”

Die NATO und die Ukraine haben Russland bewusst provoziert, und Russland sah sich gezwungen einzugreifen. Unbegreiflich natürlich - die NATO ist doch ein reines Verteidigungsbündnis! Was wir ebenfalls nicht zu wissen brauchen ist zum Beispiel die Tatsache, dass der Westen bewusst Friedensgespräche torpediert.

“Auch nach dem Beginn der Militäroperation, auch während der Verhandlungen in Istanbul, haben die Vertreter Kiews sehr positiv auf unsere Vorschläge reagiert, und diese Vorschläge betrafen in erster Linie die Sicherheit Russlands, unsere Interessen. Es ist jedoch offensichtlich, dass dem Westen eine friedliche Lösung nicht passte, so dass Kiew, nachdem bestimmte Kompromisse erzielt worden waren, den direkten Befehl erhielt, alle Vereinbarungen zu zerreißen.”

Putin fährt dann weiter, wobei er das Wort “Neonazi” ziemlich häufig in den Mund nimmt (die Übersetzung der ganzen Rede ohne Auslassungen findet man übrigens im Anti-Spiegel):

“Ich möchte betonen, dass wir wissen, dass die Mehrheit der Menschen, die in den von den Neonazis befreiten Gebieten leben, vor allem in den historischen Gebieten von Noworossija, nicht unter dem Joch des Neonazi-Regimes stehen wollen. In Saporoschje, der Region Cherson, Lugansk und Donezk sahen und sehen sie die Gräueltaten, die die Neonazis in den besetzten Bezirken der Region Charkow durchführen. Die Nachfahren der Banderisten und Nazi-Strafbataillone töten Menschen, foltern sie, werfen sie ins Gefängnis, begleichen alte Rechnungen, massakrieren und foltern Zivilisten.”

Ich bin mir immer noch nicht im Klaren darüber ob die Bezeichnung “Neonazi” so glücklich gewählt ist. Jeder weiss zwar so ungefähr was damit gemeint ist, jedoch hat der Begriff “Nazi” jetzt eine völlig neue Bedeutung bekommen und kann eigentlich nicht mehr für Leute verwendet werden die zufällig mit einer Reichsflagge herumlaufen oder gegen Corona-Massnahmen protestieren. Putin schneidet dasThema Noworossija an und benennt die Gebiete wo ein Referendum über den Zusammenschluss mit Russland stattfinden soll.

Rot umrandet: das historische Gouvernement Noworossija

Grün und orange: die Verteilung im politischen Wahlverhalten in den Jahren 1991-2014

Zu den Referenda:

“Die Parlamente der Volksrepubliken des Donbass und die Militärverwaltungen der Regionen Cherson und Saporoschje haben beschlossen, Referenden über die Zukunft dieser Gebiete abzuhalten, und uns, Russland, gebeten, diesen Schritt zu unterstützen.

Ich betone, dass wir alles tun werden, um sichere Bedingungen für die Volksabstimmungen zu gewährleisten, damit die Menschen ihren Willen zum Ausdruck bringen können. Und wir werden die Entscheidung, die die Mehrheit der Bewohner der Volksrepubliken Donezk und Lugansk sowie der Regionen Saporoschje und Cherson über ihre Zukunft treffen wird, unterstützen.”

Über die Referenda regen sich die West-Medien schon lange auf, nennen diese “Schein-Referenda” und haben schon angekündigt dass sie nicht anerkannt werden würden. Warum sind sie dann so wichtig?

Die Abstimmung findet vom 23-27 September statt, und ich habe mich gewundert warum das so schnell nach der Ankündigung geschiet. Vielleicht um dem Gegner wenig Zeit zu lassen irgendwelche Gegenmassnahmen aus zu hecken?

Erfahrungen in Gaza und in Syrien haben gezeigt, dass überall da wo Abstimmungen Resultate versprechen die dem gegnerischen Lager nicht genehm sind, Stimmlokale bombardiert werden. Dasselbe geschiet nun auch im Donbass und den Regionen Cherson und Saporoschje. Die Ukraine versucht mit allen Mitteln diese Abstimmung zu verhindern. Man nimmt an dass die Gegenoffensive von Cherson darum inszeniert wurde, um die Einwohner davon abzuhalten ihre Stimme auszubringen. Putins Bemerkung dass alles getan wird um sichere Bedingungen für die Abstimmung zu schaffen kommt also nicht aus de Luft fallen. Russland ist sich sicher dass die Abstimmung zu Gunsten der RF ausfallen wird, sonst hätte man sie vermutlich gar nicht organisiert. Wenn alles nach Plan verläuft werden die neuen Gebiete schon am 30 September in die Russische Föderation aufgenommen, und das würde dann bedeuten dass danach jeder Beschuss als ein Angriff auf russisches Territorium gewertet wird. Damit wäre dann wieder mal eine rote Linie erreicht.

Thomas Röper vom Anti-Spiegel ist als Wahlbeobachter unterwegs und hat bereits den ersten Bericht veröffentlicht. Eine Aussage von Ansässigen hat mich erstaunt, nämlich "jetzt sind wir endlich sicher dass ihr (die Russen) nicht mehr weggeht". Eine grosse Angst der Einwohner war, dass die Russen wieder abziehen würden und dass sie dann den Repressalien der Ukrainer ausgesetzt wären. Wie das zum Beispiel in Butscha und in der Umgebung von Charkov geschehen ist.